Hanseat

Johann Hinrich Gossler (1738–1790), Inhaber des Handelshauses Joh. Berenberg & Gossler erlangte Reichtum durch den Kolonialwarenhandel, Assekuranzgeschäfte, Partenreederei, Beteiligung an der Grönlandfahrt, Geldverleih.
Christian Adolph Overbeck (1755–1821), Bürgermeister Lübecks, Dichter und Aufklärer, „Beispiel für den verantwortungsbewussten Musterbürger […], dem der ‚hanseatische‘ Mythos so vieles verdankt.“[1]
Johann Christian Jauch senior (1765–1855), Großbürger zu Hamburg, Cousin Christian Adolph Overbecks – „Die hamburgischen Jauchs zählten zu den alteingesessenen hanseatischen Familien“[2]

Als Hanseat wird historisch ein Mitglied der Oberschicht der drei Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck in der Zeit nach der Hanse bezeichnet, also seit Mitte des 17. Jahrhunderts. Der Begriff des Hanseaten wird heute losgelöst von seinen schichtenspezifischen, zeitlichen und auf die Städte Hamburg, Bremen und Lübeck beschränkten Wurzeln auch rein regional verwendet und bezeichnet dann die Gesamtheit der heutigen Einwohner der historischen Hansestädte, worin sich zugleich seine neuzeitliche Bedeutung erschöpft. Der vorliegende Artikel befasst sich mit dem in seiner Bedeutung eng umgrenzten soziostrukturellen Begriff des Hanseaten, der zeitlich zudem vom älteren und umfassenderen Begriff der Hansekaufleute zu unterscheiden ist.

Die Angelegenheiten der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Hanse, die im 17. Jahrhundert unterging, wurden regelmäßig[3] mit dem Beiwort ,hansisch‘ bezeichnet, ihre Mitglieder als ,Hansekaufleute‘.[4][5] Der Begriff hanseatisch taucht erstmals in Werdenhagens De Rebus Publicis Hanseaticis Tractatus von 1631 auf. Zwischen Hamburg, Bremen und Lübeck entstand in den Jahren 1630 bis 1650 als Bündnis die Hanseatische Gemeinschaft.[4] Sie führte die Tradition der Hanse fort, und ihre Mitglieder übernahmen Mitte des 19. Jahrhunderts den Begriff ,Hansestadt‘, neben ,Freie Stadt‘, in den Staatsnamen der drei Stadtstaaten. Das auf den Privilegien der Oberschicht gründende Hanseatentum alter Prägung endete 1918 mit dem Untergang des Deutschen Kaiserreichs und der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts auch in den drei Hansestädten.

Das mit dem historischen Substantiv ,Hanseat‘ korrespondierende Adjektiv ,hanseatisch‘ bezeichnet entweder die Angelegenheiten der Städte der Hanseatischen Gemeinschaft oder die Eigenschaften eines Hanseaten. Als letztere wird eine Kombination von Haltungen und Einstellungen empfunden, zu denen Weltläufigkeit, kaufmännischer Wagemut, Gediegenheit, Verlässlichkeit („Handschlag genügt“), Zurückhaltung sowie die Fähigkeit zur Selbstironie gehören[4] und – jedenfalls für das Hanseatentum alter Prägung – dass „diese freien Bürger wirklich denselben Stolz kultivieren wie der hochmütigste Aristokrat“.[6]

Der tradierte Begriff des Hanseaten bzw. des Hanseatischen ist durch die Verwendung als reine Regionalbezeichnung keineswegs verdrängt worden. Im ursprünglichen Sinn werden heute noch zu den Hanseaten die Mitglieder der alten hanseatischen Familien sowie die erfolgreichen Kaufleute und Senatoren der drei Städte Hamburg, Bremen und Lübeck gerechnet, sofern sie wesentliche Züge der historischen „hanseatischen“ Lebensweise verkörpern. Wenn in neuer Zeit Persönlichkeiten wie zum Beispiel Helmut Schmidt, Karl Carstens, Gerd Bucerius oder Walther Leisler Kiep unabhängig von ihrem konkreten Wohnort dezidiert als „Hanseaten“ bezeichnet werden, weil sie hanseatische Eigenschaften und Einstellungen in herausragender Weise repräsentieren, wird auf den Nimbus des historischen Hanseatentums Bezug genommen.

  1. Matthias Wegner: Hanseaten. Berlin 1999, S. 100.
  2. Natalie Bombeck: Jauchs Vorfahren waren Wellingsbütteler. In: Hamburger Abendblatt. 25. Januar 2007.
  3. Eine Ausnahme bildet J. Werdenhagen: De Rebus Publicis Hanseaticis Tractatus. Frankfurt 1641.
  4. a b c Gerhard Ahrens: Hanseatisch. In: Schmidt-Römhild: Lübeck-Lexikon. 2006 unter Hinweis auf: Rainer Postel: Hanseaten. Zur politischen Kultur Hamburgs, Bremens und Lübecks. In: Der Bürger im Staat. 34, 1984, S. 153–158.
  5. Herbert Schwarzwälder: Hanseaten, hanseatisch. In: Das Große Bremen-Lexikon. Bremen 2003, ISBN 3-86108-693-X.
  6. Huret: Hamburg im Jahre 1906. In: Hamburgische Geschichts- und Heimatblätter. 13, 1993, S. 62.

© MMXXIII Rich X Search. We shall prevail. All rights reserved. Rich X Search